Wie sehen nachhaltige Unternehmen aus?
Soziale Verantwortung, Lieferketten, Arbeitnehmerbeteiligung, Müllvermeidung ... Das sind Stichwörter, die vielfach diskutiert werden. Im Rahmen des Projekts Zukunftstalent werden wir uns mit diesen Begriffen auseinandersetzen und sie mit Leben füllen, indem wir einzelne Projekte und deren Umsetzung in Unternehmen zeigen und gemeinsam mit den Teilnehmenden erarbeiten.
Wo arbeiten Sie nachhaltig?
Ihr Unternehmen leistet einen Beitrag zu einer nachhaltigen Berufswelt? Dann sprechen Sie uns an, damit wir Sie hier vorstellen können, Sie im Rahmen der Zukunftswochen besuchen oder wir in einer anderen Form kooperieren können.
Was heißt das in der Praxis?
In Kürze werden Sie an dieser Stelle Beiträge zu verschiedenen Themen der Nachhaltigkeit in Bezug auf Ausbildung, Berufsfelder und deren Greening-Potenziale sehen.
Berufspraktiker:innen im Interview
Im Rahmen unserer Zukunftswochen haben wir mit einigen Expert:innen über die Themen Handwerk und Nachhaltigkeit gesprochen. Hier gibt es ab Dezember 2020 die Ergebnisse unserer kurzen Interviews und Hintergründe zu den Personen.
Tino Hantschmann (Handwerkskammer zu Leipzig)
Bitte stellen Sie sich kurz vor.
Ich bin gebürtiger Leipziger und nach einigen beruflichen Stationen in Deutschland und dem Studium in München lebe ich seit einigen Jahren wieder in meiner Heimatstadt.
Herr Hantschmann, Sie arbeiten in der Handwerkskammer zu Leipzig in der Berufsorientierung. Was genau ist ihre Aufgabe dort?
Seit 2014 arbeite ich bei der Handwerkskammer zu Leipzig in verschiedenen Funktionen im Bereich der Bildung. Für die Berufsorientierung haben wir unsere Profis der Ausbildungsberatung, die gerne alle möglichen Fragen zu Ausbildungen im Handwerk beantworten. Ich selber kümmere mich um Auslandsmobilitäten, d.h. die tolle Chance für Azubis und Fachkräfte Teile ihrer Ausbildung im Ausland zu verbringen. Dies ist im Handwerk möglich und öffnet die Chancen in der ganzen Welt Berufserfahrung zu sammeln. Und dies sogar unterstützt mit finanziellen Mitteln. Neben vielen anderen Dingen zeigt dies die Attraktivität des Handwerks.
Mit welchen Fragen kommen Jugendliche überwiegend zu Ihnen? Gibt es Tipps oder wissenswerte Informationen, die sie jungen Menschen für eine Ausbildung unbedingt mitgeben möchten?
Es fehlt den Jugendlichen heutzutage vermehrt eine konkrete Vorstellungskraft was Handwerk bedeutet. Stereotype sind dabei weit verbreitet. Wir helfen eine erste Orientierung zu liefern. Unsere Experten empfehlen immer vorher selber ein Praktikum in einem Ausbildungsbetrieb zu absolvieren. Über die App Lehrstellenradar gibt es erste Informationen. Die Möglichkeiten im Handwerk sind jedoch vielfältig, spannend und vor allem regional. Ansprechpartnerin ist Karen Neugebauer: neugebauer.k@hwk-leipzig.de
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in der Ausbildung verschiedener Handwerksberufe?
Gerade im Handwerk, wo viele unterschiedliche Materialen zum Einsatz kommen, spielt das Thema Nachhaltigkeit eine große Rolle. Da Nachhaltigkeit aber mehr ist, als nur ressourcenschonender Einsatz gab und gibt es viele verschiedene Initiativen im Handwerk zum Thema Nachhaltigkeit. Es existiert ein Positionspapier des deutschen Handwerks zum Thema Nachhaltigkeit und das Projekt: nachhaltiges Handwerk beschäftigt sich intensiv mit neuen Entwicklungen. Als Ansprechpartnerin bei der HWK zu Leipzig fungiert Frau Annett Fritzsche: fritzsche.a@hwk-leipzig.de.
Prof. Claudia Damm (Hochschule Macromedia)
Bitte stellen Sie sich kurz vor.
Mein Name ist Claudia Damm, ich bin Professorin im Studiengang Modedesign an der Hochschule Macromedia Leipzig und leite am Campus in Leipzig die Designfakultät.
Frau Prof. Damm, Sie haben eine Ausbildung zur Maßschneiderin gemacht und danach Modedesign studiert. Ist diese Doppelausbildung in Ihrem Berufsfeld üblich?
Leider ist dies nicht mehr üblich, obwohl es in vielerlei Hinsicht sehr sinnvoll wäre. Ich wurde in eine Designerfamilie hineingeboren. Meine beiden Elternteile waren Modedesigner und verstanden viel von den Anforderungen in diesem Beruf. Sie gestatteten mir nicht, das Studium ohne eine fertige Berufsausbildung als Maßschneiderin anzutreten. Ich erinnere mich gut daran, wie beide immer wieder sagten, du musst als Designerin verstehen, wie die Fertigung der Kleidungsstücke funktioniert. Heute weiß ich, dass Fertigung und Gestaltung unmittelbar miteinander verbunden sind. Wenn ich mich für eine bestimmte Art der Verarbeitung von Bekleidung entscheide, ist dies immer auch eine Entscheidung, die den Bereich der Gestaltung tangiert. Heute bin ich beiden dafür sehr dankbar, oft konnte ich gemeinsam mit den Werkstätten an verarbeitungstechnischen und schnitttechnischen Details in der Umsetzung meiner eigenen Ideen tüfteln. Auch als Lehrende erwarten die Studierenden von mir, dass ich Ihnen helfen kann, wenn es darum geht, ihre Ideen umzusetzen.
Die Hochschule Macromedia bietet im Fach Modedesign den Schwerpunkt Mode und Nachhaltigkeit. Womit beschäftigen sich die Studierenden dieses Schwerpunkts?
Wir haben innerhalb des Modedesignstudiums zwei Module die sich mit zukunftsfähigen Konzepten befassen. Die Schwerpunkte liegen hier natürlich darauf, die Branche im Kontext der Nachhaltigkeit zu untersuchen aber auch darauf, den Beruf Modedesigner:in genauer zu betrachten. Ziel ist es, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie Globalisierung, Technisierung, und Digitalisierung unser Berufsbild verändern und was dies für uns als Berufspraktiker:innen bedeutet. Einen besonderen Schwerpunkt den wir uns in Leipzig erarbeitet haben, ist die Entwicklung von textilen Helfern für den Bereich der Medizin. In unserem letzten Projekt Herzenssache_n erarbeiteten wir gemeinsam mit der Firma MediTex Tragesysteme für die schweren Batterien von Kunstherzpatienten, um deren Alltagsleben etwas zu erleichtern.
Zusammenfassend kann man sagen, dass es uns an der Hochschule besonders wichtig ist, die Studierenden der Mode anzuregen nach zukunftsfähigen Konzepten in der Mode zu suchen. Wir legen sehr großen Wert auf die Vermittlung von guten handwerklichen Kompetenzen um das Bewusstsein für Qualität zu schärfen. Außerdem ist es uns wichtig unsere Absolventen:innen zu ermutigen über ihren Tellerrand hinaus nach späteren Einsatzfeldern zu suchen, denn nur in interdisziplinären Teams sind heute die komplexen Herausforderungen der Zukunft zu meistern.
Früher haben Sie international als Mode- und Kostümbildnerin, z.B. für die Oper, gearbeitet. Inwieweit beeinflussen diese internationalen Erfahrungen Ihre heutige Arbeit, beispielsweise im Rahmen der Praxisprojekte an der Hochschule?
Aus meiner Praxiserfahrung als Kostümbildnerin trage ich insbesondere die Anregung zur Auseinandersetzung mit aktuellen Themen und Texten in die Lehre mit hinein. Diese intensive Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen-, kulturellen-, politischen Themen ist in der Theaterarbeit wichtig, um die Stücke aktuell zu interpretieren und Diskurse anzuregen aber auch in der heutigen Modewelt unbedingt notwendig, um als Designer zeitgemäß und verantwortungsvoll handeln zu können. Auch die stete Aufforderung zum Experimentieren bringe ich aus meiner Theaterarbeit mit. Das Ausprobieren und Entdecken sowie das Ausloten von Grenzbereichen des Machbaren und die darauf folgende Entwicklung von Konzepten sind wichtige Kompetenzen in kreativen Berufen. Die Zusammenarbeit in interdisziplinären und internationalen Teams habe ich viele Jahre als Kostümbildnerin selbst als sehr bereichernd empfunden und setze auch dies als Schwerpunkt in meiner Lehre auf die Agenda.
Marisa Becker (Nachhaltigkeits-Journalistin)
Bitte stelle dich kurz vor.
Hej! Mein Name ist Marisa und ich würde über mich selbst sagen, dass ich zwei große Leidenschaften habe: Medien und Nachhaltigkeit. Ich habe an der Uni Leipzig meinen Bachelor und Master in Kommunikations- und Medienwissenschaften gemacht und mich nebenbei in verschiedenen Medienhäusern ausprobiert. Neben Online-Angeboten habe ich auch im Radio, Podcast und Print-Business experimentiert. Außerdem habe ich berufliche Erfahrungen im Marketing Bereich für unterschiedliche Unternehmen gesammelt. Die Nachhaltigkeit als großes Herzensthema begleitet mit seit 2017 und zieht sich durch alle Projekte durch.
Das Thema Nachhaltigkeit schwingt immer in deinen Projekten mit. Wie und wodurch hat sich deine Begeisterung für Nachhaltigkeit entwickelt?
Ich habe im Sommer 2017 ein Praktikum bei einem Magazin gemacht und mich vor allem um Start Ups gekümmert. Zu dieser Zeit sind in Leipzig viele nachhaltige Unternehmen gegründet worden, wie zum Beispiel der Sauberkasten. Die Gespräche mit den Gründer:innen haben mein Problembewusstsein geschärft und so habe ich angefangen, mein Leben auf den Kopf zu stellen und in Bezug auf ökologische Gesichtspunkte zu optimieren. Aber wie es so ist: Wenn man am einen Ende etwas optimiert hat, merkt man, dass es am anderen Ende leckt. Die Probleme sind schier endlos und so arbeite ich bis heute daran, mein Leben zu verändern. Das endet natürlich nicht beim Beruf! Auch hier möchte ich nachhaltige Wege gehen und widme mein Medien-Schaffen daher vor allem der Kommunikation rund um Nachhaltigkeit.
Marisa du interviewst für deinen Podcast Fairquatscht regelmäßig Personen aus ganz unterschiedlichen Berufsfeldern. Was fällt dir dabei auf? Gibt es Berufsfelder, die in deinen Augen besonders nachhaltig/zukunftsfähig sind?
Ich denke, dass man in jeder Branche der*diejenige sein kann, die die bisherigen Praktiken in Frage stellt und nachhaltigere Lösungen findet. Wir brauchen genau solche Menschen in wirklichen allen Wirtschafts-Bereichen, wenn wir eine nachhaltige Transformation der Gesellschaft erreichen wollen. Insofern haben alle Branchen das Potenzial, zukunftsfähig zu sein, wenn sie bereit sind, sich zu verändern. Genau das will ich mit meinem Podcast zeigen.
Du hast auf Instagram (mysustainableme) inzwischen über 15 Tausend Abonnent:innen. Welche Tipps kannst du jungen Menschen mitgeben, die Inhalte über soziale Medien publik machen möchten?
Kreiert den Content, den ihr selbst gerne lesen wollt, entwickelt euren eigenen Stil und bleibt eurer Linie treu! Authentizität ist wichtig in einer Welt, die viel vom Schein lebt. :)
Larissa Jürjens (angehende Maßschneiderin)
Bitte stelle dich kurz vor.
Mein Name ist Larissa Jürjens. Ich bin gelernte Portraitfotografin, angehende Maßschneiderin mit dem Fachbereich Kostümschneiderei und Cosplayerin. Ich komme eigentlich aus dem schönen Ostfriesland, bin aber für die Dauer meiner Ausbildung in Leipzig.
Du machst eine Ausbildung zur Maßschneiderin und schneiderst Cosplay-Kostüme. Was kam zuerst: Die Begeisterung für Cosplay oder die Ausbildung zur Maßschneiderin?
Ganz am Anfang war tatsächlich einfach die Liebe zum kreativ arbeiten. Früher waren es kleine Kleidungsstücke für die Barbies oder Puppen. 2009 habe ich zum aller ersten Mal von Cosplay gehört und fand das Thema super spannend. Seit 2017 bin ich fest in der Cosplay-Community und nehme regelmäßig an Wettbewerben teil, um meine Kostüme prämieren zu lassen. Was bisher auch sehr gut geklappt hat. Aufgrund dessen habe ich mich auch fest für die Ausbildung entschlossen und bewusst die Chance genutzt direkt als Kostümschneiderin ausgebildet zu werden.
Was müssen Menschen beachten, die sich für eine Ausbildung im Bereich Maßschneiderei interessieren?
Man muss auch viel neben der normalen Arbeitszeit investieren um Erfolge zu sehen. Je öfter man Nähte oder Konstruktionen macht, umso einfacher wird es und man kann sich an schwerere Aufgaben wagen. Man darf nicht aufgeben und aus den Fehlern lernen.
Hast du Tipps, wie man sich am besten vorbereiten kann?
Ich denke eine gute Grundlage wäre einfach der Spaß an dem Beruf und Handwerk. Dann sollte der Rest von alleine klappen. Immer mit einfachen Schnitten und Stoffen anfangen und nicht gleich erwarten ein Hochzeitskleid zaubern zu können.
Was begeistert dich an deinem Beruf jeden Tag aufs Neue?
Das man unendlich viele Herausforderungen hat und immer wieder etwas lernt. Man kann etwas schaffen und Menschen glücklich machen.
Der Kreativität sind selten grenzen gesetzt.